Letzte Aktualisierung: 07.06.2020
ETF ist die Abkürzung für Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Fonds die gerade sehr im Kommen sind. Sie verbinden die Vorteile von klassischen Fonds mit ihrer größeren Diversifikation im Vergleich zu Einzelaktien und besitzen gleichzeitig aber keine so hohe Gebühren wie normale Fonds. Und da die meisten aktiv von einem Manager verwaltete Fonds auf Dauer nicht den Markt schlagen (wie zahlreiche Studien beweisen) ist die Investition mit einem Aktien-ETF in einen Index so attraktiv. Hört man sich aber einmal bei Finanzberatern bzgl. Investitionsmöglichkeiten an der Börse um, dann wird das Stichwort ETF nur sehr selten durch Eigeninitiative des Beraters fallen. So ergab beispielsweise eine Befragung der Unternehmensberatung MC4MS aus dem Jahr 2015 unter 350 Finanzberatern, dass zwar ETFs mehrheitlich als geeignet für Privatanleger angesehen werden. Dennoch würden gerade einmal 13 Prozent der Provisionsberatung ihren Kunden ETFs empfehlen und 50 % der Berater bevorzugen weiterhin aktiv gemanagte Fonds. Der Hauptgrund für die eiserne Verschwiegenheit der Berater gegenüber den ETFs konnte die Studie auch gleich ermitteln. Hauptgrund sei „die unattraktive Vergütung“ bei der ETF-Vermittlung. Nachfolgend möchte ich deshalb ETFs näher vorstellen und aufzeigen wo ihre Stärken und wo vielleicht auch ihre Schwächen liegen. So kann sich jeder ein Bild von ETFs machen und seinen Finanzberater des Vertrauens gezielt darauf ansprechen oder einfach selbst alleine tätig werden.
Inhaltsverzeichnis
Warum ETFs vor aktive Fonds zu bevorzugen sind
Das Problem von aktiven Fonds sind wie schon gesagt die Kosten. Sowohl Anschaffungs- als auch insbesondere Verwaltungskosten sind deutlich höher als bei einem passiven Indexfonds. Während man beispielsweise bei einem ETF Verwaltungskosten von etwa 0,1% bis 0,5% pro Jahr bezahlt, liegen die Verwaltungskosten bei aktiven Aktienfonds bei etwa 1,5% pro Jahr. Diese Kosten, die durch das aktive Verwalten durch den Fonds-Manager entstehen, müssen durch diesen aber erst einmal erwirtschaftet werden. Ein Aktien-ETF kommt hingegen ohne solch einen Manager aus, weil er lediglich den Index kopiert. Es werden also keine aktive Anlageentscheidungen getroffen, sondern lediglich passiv der Index abgebildet. Man spricht bei ETFs deshalb auch von passiven Fonds.
Der Erfinder des ETF ist übrigens John („Jack“) Bogle, der auch die Vanguard Group gründete und leitete. Er erschuf den ersten Indexfonds für Privatanleger, der den Börsenindexes S&P 500 aus dem Jahre 1976 abbildete. Obwohl heute ETF einen mehr als nur sehr guten Ruf genießen, war das damals noch anders. Bogle musst gegen erheblichen Widerstände in der Finanzbranche ankämpfen.
Das passive investieren, insbesondere über ETFs, wird momentan stark gehypt. Teilweise ist dabei die Rede von einem Marktanteil von bis zu 20%, der aber laut dem Finanzanalyst Dr. Gerd Kommer völlig überschätzt sein soll. Laut ihm soll das Passiv-Lager lediglich einen globalen Marktanteil von geschätzten 0,5 Prozent besitzen, was allerdings nach seinen Angaben gar nicht schlimm sei:
Passiv investieren ist für Privatanleger eine kluge Entscheidung – auch ohne irreführende Marktanteilszahlen. Stattdessen sollte das Passiv-Lager damit Werbung machen, zu einer winzigen Elite zu gehören.
Dr. Gerd Kommer – Der Neue Finanzberater Juli 2016
Aufpassen sollte man bei Aktien-ETFs mit komplexen Strategien (z.B. Smart-Beta ETF) oder auch sogenannten ETF-Dachfonds. Das eigentlich einfache Produkt ETF wird in solchen Fällen von Finanzinstituten verkompliziert, um dadurch höhere Verwaltungskosten zu rechtfertigen. Sie widersprechen damit dem eigentlichen Gedanken von ETFs die eine kostengünstige und transparente Investitionsmöglichkeit sein sollen.
Neben ETFs zählen zu den sogenannten Exchange Traded Products (ETPs) auch:
- Exchange Traded Commodities (ETCs): An Wertentwicklung von Rohstoffen bzw. Rohstoffindizes gekoppelte unbefristete Inhaberschuldverschreibungen
- Exchange Traded Notes (ETNs): Börsengehandelte Schuldverschreibungen, die die Wertentwicklung von zugrunde liegenden Referenzindizes nachbilden, außerhalb des Rohstoffsektors
Vorteile und Nachteile von ETFs
Nachfolgend findet man einige Vorteile aber auch Nachteile von ETFs.
Vorteile
- Kostengünstig: Im Vergleich zu aktive Fonds fallen nur wenige Kosten an
- Bequem: Grundsätzlich passives Anlegen, da die Indexfonds etwa immer so abschneiden wie der Marktdurchschnitt.
- Transparenz: Im Vergleich zu aktiven Fonds muss man nicht beobachten, was gekauft und was verkauft wird. Außerdem gibt es auch kein Fonds-Management. Bei einem ETF weiß man immer, in welche Aktien man investiert hat.
- Diversifikation: Man investiert sein Geld nicht nur in ein einzelnes Unternehmen, sondern in einen ganzen Markt
Nachteile
- Starke Schwankungen möglich
- Nicht unbedingt für kurzfristige Investitionen geeignet
- Wechselkursrisiken bei international angelegten Fonds
- Jährliche Gebühren
- Keine Garantie für 100%ige Abbildung des Referenzindex
- Gleichbewertung – keine Differenzierung zwischen „guten“ und „schlechten“ Aktien
- Zwar relativ sichere, dafür aber oft nur durchschnittliche Rendite
- Intransparente „ETF-Produkte“, z.B. Hebel-ETF, Smart-Beta-ETFs etc.
Nachbildungsarten
Aktien-ETFs können auf verschiedenerweise nachgebildet werden. Nachfolgend findet man ein paar dieser Bauarten aufgelistet:
Physische Nachbildung
Von einer Vollreplikation oder auch physischen Nachbildung spricht man bei einem ETF, falls die Fondsgesellschaft genau die Einzelaktien kauft, die im Index enthalten sind. Man spricht deshalb auch von Replizierer. Bei Indizes mit sehr vielen Einzeltiteln, wie beispielsweise dem MSCI World, ist dies nicht möglich. Hierbei werden nur ein bestimmter Prozentsatz der enthaltenen Aktien aufgenommen, man spricht deshalb von „teilreplizierend“, „sampling“ oder „optimized sampling„.
Synthetische Nachbildung
Bei der synthetischen Nachbildung wird der Index über ein Tauschgeschäft (auf englisch swap) nachgebildet. Man spricht deshalb auch von Swapper. Dafür lässt sich der Fondsanbieter von einem Partner, beispielsweise einer Investmentbank (oft die Mutterbank), die genaue Werteentwicklung eines Index zusichern. Als Gegenzug für den Tauschhandel, bekommt die Bank die Werteentwicklung des Depots des Fondsanbieter, in dem Aktien, Zertifikate usw. sind und er damit spekulieren kann, um besser zu sein als der Index. Investiert wird bei einem synthetischen ETF in einen Korb aus Wertpapieren, den sogenannten Substitute Basket oder auch das Trägerportfolio.
Sinn macht ein synthetischer ETF vor allem dann, wenn der zugrundeliegende Index schwer nachzubilden ist. Ein DAX-ETF mit 30 Werten kann man schnell und einfach abbilden, bei einem ETF auf den MSCI World-Aktienindex mit mehr als 100 Werten sieht das schon anders aus. Hier sind vor allem die Transaktionskosten problematisch, die beim Erwerb jeder einzelnen Aktie anfallen würden. Zwar sind die Ausfallrisiken gering, dennoch besteht ein sogenanntes Kontrahentenrisiko. Denn seit der Finanzkrise im Jahr 2008 weiß man, dass auch die als bisher so sicher geglaubten Investmentbanken durchaus pleitegehen können. Und genau jene Investmentbanken sind es, die als Partner bei Swap-ETFs oft zum Einsatz kommen. Zwar wurden weitere Sicherheitsvorkehrungen für den Fall der Fälle eingebaut, dennoch muss man sich diesem grundsätzlichen Risiko bei synthetischen ETFs bewusst sein.
Umgang mit Erträgen
Auch beim Umgang mit Erträgen unterscheiden sich die unterschiedlichen ETFs. Schließlich schütten einige Aktiengesellschaften einen Teil ihrer Gewinne an die Aktionäre aus. Hier besteht nun die Möglichkeit diese Dividenden den Anlegern auszuzahlen oder die Dividenden automatisch wieder anzulegen.
Ausschüttung
Bei der Ausschüttung werden die Dividenden dem Anleger direkt gutgeschrieben. Wer regelmäßig auf Kapitalerträge angewiesen ist, für den könnte ein ausschüttender ETF sehr interessant sein, da solche Fonds oft mehrmals im Jahr die angesammelten Einnahmen weitergeben.
Thesaurierung
Bei der Thesaurierung investiert die Fondsgesellschaft die Erträge automatisch in neue Aktien. Dies ist vor allem für Anleger interessant, die ihr Vermögen langfristig anlegen möchten, da sie dadurch durch den Zinseszinseffekt.
Von Performance- oder Total-Return-Index spricht man übrigens bei Indizes, bei deren Berechnungsmethode unterstellt wird, dass die Dividenden wieder investiert werden.
Welchen ETF sollte man kaufen?
Besonders Anfänger kann es schwerfallen, der richtigen ETF auszuwählen. Denn wie auch bei Aktien besteht die Qual der Wahl, auch wenn die Anzahl an ETFs im Vergleich zu Einzelaktien natürlich deutlich geringer ist.
Als erstes muss man sich für einen Index entscheiden. Für den Beginn wird normalerweise meistens zum Weltaktienindex MSCI World geraten. Mit etwa 1600 Einzelaktien aus 23 entwickelten Industrieländern bildet dieser ETF ein solides Fundament für den Start. Zu beachten ist allerdings, dass mit fast 60 Prozent Unternehmen aus den USA sehr stark vertreten sind.
Nach dem man den Index gewählt hat, muss man sich nun noch für einen Fonds entscheiden. Grund für die Fondsvielfalt liegt in den oben aufgeführten verschiedenen Index-Nachbildungen oder aber auch, wie die laufende Erträge verwendet werden (ausschüttend oder thesaurierend). Für den MSCI World ist beispielsweise der Anbieter iShares sehr bekannt, die zu der größten Fondsgesellschaft der Welt, Black Rock, gehört.
Diese Fehler sollte man nicht begehen
- Kleine Indizes, die Spezialthemen abdecken
- ETFs mehrmals in kurzer Zeit kaufen und wieder verkaufen
Generell sollte man für die Auswahl des besten ETFs für sich persönlich auf folgende Dinge achten:
- Kosten
- Werteentwicklung
- Fondsvolumen
- Steuern
Kosten
Im Vergleich zu einen aktiv gemanagten Fond punkten ETFs durch ihre niedrigen Kosten. Und diese Kosten sinken und sinken und sinken. Im August 2018 preschte gar der amerikanische Asset Manager Fidelity vor und bot zwei Indexfonds gratis an. Erhältlich sind sie unter dem Namen Fidelity Zero Total Market Index, der die Entwicklung von rund 2500 US-Aktien abbildet und unter der Bezeichnung Fidelity Zero International Index Fund, welcher ein globales Aktienportfolio entwickelter Volkswirtschaften repräsentiert. Tatsächlich sind die beiden Fonds allerdings nur auf der hauseigenen Plattform in den USA verfügbar und sie dienen vor allem zur Neukundengewinnung, wobei an anderen Produkten dann verdient wird.
Wie dem auch sei, dennoch sollten auch bei der Auswahl der ETFs auf die Kosten geschaut werden. Einen gratis ETF bekommt man hierzulande zwar noch nicht, dennoch lässt sich mit der richtigen Wahl einiges an Geld sparen und damit sich auf lange Zeit auch die Rendite deutlich steigern.
Vermögenswirksame Leistungen in ETFs anlegen
Vermögenswirksame Leistungen gibt es schon sehr lange. Nicht so lange hingegen ist es möglich, diese vermögenswirksamen Leistungen auch in einem ETF anzulegen. Statt in einen klassischen Sparvertrag fließt damit das Geld des Arbeitgebers direkt in einen ETF. Zwar sind nicht alle ETFs VL-fähig, dennoch stehen schon heutzutage eine große Auswahl an VL-fähigen ETFs zur Verfügung. Alles Weitere findest du in meinem Artikel: Vermögenswirksame Leistungen in ETFs anlegen.
Smart Beta ETF
Smart Beta ETFs sind spezielle ETFs die das Beste aus der passiven und aktiven Investment-Welt vereinen sollen. Was sich erst einmal sehr gut anhört, wird zu gleich auch heftig kontrovers diskutiert. Denn Smart Beta ETFs machen aus der eigentlich einfach verständliche Konstruktion des ETFs zu einem schwer durchblickbaren Komplex.
Dafür werden eigene Gewichtungsmethoden benutzt, die von der Marktkapitalisierung abweichen, die bisher üblicherweise über das Gewicht der einzelnen Aktien entscheidet. Bei „normalen“ ETFs werden die Werte in ihrem direkten Verhältnis zu ihrem Marktwert gewichtet. Sprich, falls ein Unternehmen X 10% des Marktwertes aller Unternehmen im Index wert ist, dann wird dieses Unternehmen auch mit 10% im Index gewertet und damit auch so im ETF nachgebildet.
Bei einem Smart ETF kann genau dieses Unternehmen nun deutlich weniger gewichtet werden oder gar ganz rausfliegen, da es bestimmte Kriterien nicht erfolgt. So könnte Unternehmen Y ein viel höheres Wachstum momentan aufweisen und somit statt Unternehmen X mit 10% gewichtet werden.
Ziel ist es, den Markt durch eine „smarte“ Auswahl zu schlagen. Welche Auswahlkriterien, sogenannte Faktoren (man spricht deshalb auch von einem Faktor ETF), dabei ins Spiel kommen, ist unterschiedlich. Das können beispielsweise Dividendenrenditen, das Momentum, die Volatilität oder Unterbewertungen bei Substanzaktien sein. Dies kann gleichzeitig aber auch ein Problem sein, denn wo Smart drauf steht, muss auch nicht unbedingt smart drin sein.
Man sollte sich also, falls man sich wirklich für einen Smart Beta ETF entscheiden sollte, ganz genau anschauen, welche Faktoren hier eine Rolle spielen. Wenn dann aber auch noch mehrere Faktoren kombiniert werden, ist eine Einschätzung über den Sinn oder Unsinn (insbesondere durch evtl. Vorhanden Abhängigkeiten Untereinander der Faktoren) des Smart Beta ETFs alles andere als leicht. Finanzanfänger ohne Erfahrung sollten deshalb die Finger von Smart ETFs lassen.
Kritik an ETFs
Sieht man einmal von Smart Beta ETFs ab, die das Prinzip eines ETFs teilweise ad absurdum führen und deshalb aus Anlegersicht kritisiert werden könnten, erfährt das Finanzinstrument ETF immer wieder von Seiten der Fondsmanager und Marktbeobachter große Kritik. Bei ersterem ist das kein Wunder, schließlich macht ein ETF diese nahezu überflüssig. Dennoch sollte man sich auch als Anleger mit den Kritikpunkten an den ETFs auseinandersetzen.
Kommt Kritik an ETFs auf, dann fällt meist der Vorwurf es herrsche hier die „Diktatur der Indifferenz“. Damit wird einfach nur die Tatsache beschrieben, dass ETFs nicht zwischen gute und schlechte Aktien differenzieren, da sie ja lediglich einen Index abbilden. Unter anderem dadurch sollen die Preise von Aktien stark verzerrt werden. Dies könnte umso unbequemer für die jeweiligen Aktien werden, wenn die Stimmung kippt, da mit einem Mal das Vermögen der ETF-Fonds aus den betreffenden Aktien abgezogen werden würde und dies zu einem dramatischen Kurssturz führen könnte. Ergänzend muss man hierbei allerdings anmerken, dass dieses Phänomen nur bei physischen Nachbildungen der Fall ist. ETFs die synthetisch nachbilden haben die Aktien in der Regel nicht gekauft und müssen sie dementsprechend dann auch nicht verkaufen.
Und auch wenn die Kritiker grundsätzlich recht haben, man darf nie die aktuelle Dimension der Indexfonds aus dem Blick verlieren. Ja, ETFs haben durch ihre Konstruktion prinzipiell die Macht die Aktienmärkte ganz schön durcheinanderzuwirbeln. Dafür müsste ihre Verbreitung aber deutlich zunehmen.
Anleger sollten aus der Kritik vor allem eins ableiten: Investiert werden sollte vor allem in große und liquide Indizes. Bei einem kleinen Index besteht tatsächlich die Gefahr, dass ein ETF-Anbieter einen sehr großen Anteil an Aktien besitzen und es bei der Abstoßung zu einem deutlich spürbaren Kursrutsch kommen kann.
Quellen und Verweise
Allgemein
- http://www2.wiwi.hu-berlin.de/finanz/paper/mueller_schoene_etfs_vs_indexfonds_2011.pdf
- http://finanzrocker.net/das-innenleben-eines-etfs-der-finanzwesir-rockt/
Podcasts
In meinem Studium der Informationswirtschaft bin ich in zahlreichen Vorlesungen mit der Theorie der Finanzmärkte konfrontiert worden. Dieses Wissen und meine praktische Erfahrung rund um das Thema Finanzen möchte ich mit euch hier auf meinem Blog finanzeinstieg.de teilen.
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