Die ewig steigende Kurse. Das kann doch nicht gut gehen! Irgendwann muss es doch wieder bergab gehen, doch wann? Ist es Zockerei, wenn man auf fallende Kurse wettet? Oder ist das “Short gehen” nur einfach eine Absicherung für den Fall, der irgendwann unweigerlich eintreten muss? In diesem Artikel möchte ich erklären, was man darunter versteht, auf fallende Kurse zu setzen und auf was man dabei achten sollte.
Als Investor will man eigentlich am Erfolg eines Unternehmen partizipieren. Dementsprechend kauft man die Aktie des Unternehmens und hofft darauf, dass das Unternehmen wächst und Gewinne in der Zukunft erwirtschaftet. Wichtig ist es also erst einmal zu verstehen, warum man überhaupt auf fallende Kurse setzen sollte.
Inhaltsverzeichnis
Warum auf fallende Kurse setzen?
Im Grunde gibt es zwei Fälle, warum Anleger auf fallende Kurse setzen:
- Spekulation: In diesem Fall kann man wirklich sagen, dass man auf fallende Kurse wettet. Man spekuliert darauf, dass Kurse sinken. Im besten Fall hat man eine fundierte Annahme darüber, z.B. weil ein Unternehmen weit über dem fundamentalen Wert ist, z.B. weil es gerade gehypt wird. Auch wenn man annimmt, dass Betrug im Spiel ist, kann man auf fallende Kurse setzen. Dies machen beispielsweise Leerverkäufer, hier sind dann aber Profis am Werk.
- Absicherung: Die Absicherung ist etwas, womit sich auch der normale Privatinvestor beschäftigen sollte. Wer keine Gewinnmitnahme macht, aber dennoch eine gut gestiegene Position absichern möchte, der eröffnet eine Gegenposition. Man setzt also ein Teil auf fallende Kurse, sodass man bei einem Absturz zumindestens nicht alle seine bisherige Buchgewinne verliert.
Finanzprodukte um auf fallende Kurse zu setzen
Natürlich gibt es auch allerlei Finanzprodukte um auf fallende Kurse zu setzen, bzw. von fallenden Kursen zu profitieren. Viele davon sind nicht unbedingt etwas für Privatinvestoren, der Vollständigkeit werden sie nachfolgend dennoch einmal kurz genannt:
Short-ETFs
Short-ETFs (manchmal auch inverse ETFs genannt) sind einer der wenigen Finanzprodukte, die für Privatinvestoren interessant sein könnten. Sie sind ein adäquates Mittel zur Risikoabsicherung und funktionieren ähnlich, wie die normalen ETFs. Sie streuen das Kapital sehr breit, im Normalfall über einen kompletten Markt. Totalverluste sind damit also eher unwahrscheinlich. Da Short-ETFs bei den meisten Brokern erhältlich und diese auch relativ günstig sind, können sie ein gutes Mittel für die Absicherung des eigenen Portfolios sein. Bevor man aber zu einem Short-ETF greift, sollte man sich noch einmal mit der Funktionsweise von diesem im Detail auseinandersetzen. Gerade bei Indizes die sehr schwanken, können durch Short-ETFs überraschende Verluste eingefahren werden.
Ein Beispiel: Kurs sinkt von 100 auf 90 = -10%. Steigt nun der Kurs aber wieder von 90 auf 100 sind das +11,1%, man macht also mit dem Short-ETF mehr Verlust als Gewinn (-1,1%), obwohl sich am Einstandskurs nichts geändert hat. Dies kommt daher, weil ein Short-Index meistens so berechnet wird als ob die Short-Position täglich glattgestellt wird. Solche Short-ETFs haben in der Regel das Wort “Daily” im Namen.
Zertifikate
Auch Zertifikate sind bei den meisten Brokern erhältlich. Zertifikate gehören zu den Derivaten und sind Schuldverschreibungen (man hat damit im Vergleich zum ETF das Emittentenrisiko), die von den Banken herausgegeben werden. Im Mittelpunkt des Zertifikats steht dabei der Basiswert, auf dessen Entwicklung es sich bezieht. Bei einem Short-Zertifikat verdient man dabei bei fallende Kurse. Wie viel man verdient ist vom genauen Zertifikat-Typ abhängig. Da diese Zertifikat-Typen sehr komplex sein können, empfehlen sich Short-Zertifikate nur für sehr erfahrene Anleger. Bei Knock-Out Short Zertifikate droht beispielsweise das Risiko des Totalverlustes.
Optionsscheine
Optionsscheine funktionieren ähnlich wie Zertifikate. Optionsscheine verbriefen Optionsrechte in Form eines Wertpapiers, d.H. man hat den Anspruch den Basiswert innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu einem im Vorhinein fixierten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. Bei Optionsscheine auf fallende Kurse spricht man auch von der sogenannten Put-Option, bzw. Verkaufsoption.
Futures
Auch Futures können zur Absicherung, wie Optionen verwendet werden. Der größte Unterschied zwischen Optionen und Futures: Bei Optionen handelt es sich um ein Recht und keine Pflicht. Futures hingegen müssen ausgeübt werden. Generell sind Futures nichts für Privatanleger.
CFDs
CFDs dienen nicht zur Absicherung, sondern zur Spekulation. Sie sind für den kurzfristigen Handel einsetzbar, teilweise sind die Hebel aber sehr hoch. CFDs sind damit sehr risikoreich und sollten wirklich nur von sehr gut informierten Anleger verwendet werden. Der Einsatz von CFDs eignet sich lediglich zur Absicherung für eine kurze Haltedauer.
Binäre Optionen
Binäre Optionen sind in der Regel Finanzwetten und damit reine Spekulation. Man setzt darauf ob ein Kurs fällt oder steigt und streicht dann den Gewinn oder eben Verlust ein.
Gründe gegen das Setzen auf fallende Kurse
Letztendlich ist jeder für seine Finanzen selbst verantwortlich, dennoch möchte ich ein paar Punkte gegen das Setzen auf fallende Kurse nachfolgend zusammenfassen, da sich der Artikel vor allem an unerfahrene Anleger richtet.
Selbstüberschätzung
Selbstüberschätzung ist ein generelles Problem an der Börse und das wird dich genauso treffen wie mich. Als Privatanleger zu glauben, man wüsste ganz genau, wie sich ein Markt entwickeln wird, ist utopisch. Insbesondere wenn man Kursentwicklungen immer noch in der Nachschau betrachtet. Rückblickend macht vieles Sinn was eingetreten ist. Dies aber direkt schon in der aktuellen Situation zu erfassen ist in der heutigen komplexen Welt sehr schwierig.
Kurse fallen schneller als sie steigen
Schlechte Nachrichten verbreiten sich schneller als gute. Diese allgemeine Weisheit trifft auch auf Aktienkurse zu. Wer also von fallende Kurse profitieren möchte, der muss schnell sein. Sehr schnell. Ist einmal das Vertrauen in einen Wert ins Schwanken geraten, kann eine Kettenreaktion diesen schnell zum Einstürzen bringen. Insbesondere, wenn dann auch noch Automatismen, wie beispielsweise Stop Loss Limits, und andere Algorithmen greifen. Wann dieses schnelle, plötzliche Abrutschen aber losgeht, dass weiß keiner so recht. Man muss also zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Gar nicht mal so einfach, denn so lange die Kurse steigen, verliert man mit dem Shorten Geld.
Kurse steigen langfristig
Auf fallende Kurse bei Indizes zu setzen ist riskant, denn die Vergangenheit hat gezeigt, Aktienkurse steigen langfristig. Es gab immer nur Perioden, in dem die Kurse gesunken sind. In Verbindung das Kurse, wenn sie sinken, sehr plötzlich fallen, ist also nicht nur der Einstige, sondern auch der Ausstieg sehr wichtig, wenn man bei fallende Kurse Geld verdienen möchte. Faules Zurücklehnen kann hier also fatal sein. Man muss immer die neusten Entwicklungen im Auge behalten.
Negative Grundhaltung
Wer auf fallende Kurse setzt, der kann schnell eine negative Grundhaltung entwickeln. Man erfreut sich am Leid anderer, weil man dadurch profitiert. Shortet man beispielsweise den Dax, dann möchte man ja gerade, dass die deutsche Wirtschaftsleistung nachlässt. Daran sind aber auch Millionen von Einzelschicksale betroffen, die in solch einem Fall ihren Job verlieren könnte. Noch krasser Fall: Boeing. Wer nach den ganzen Pannen-Meldungen davon überzeugt war, dass die Flugzeuge von Boeing noch mehr Fehler aufweisen, der musste ja geradezu darauf hoffen, dass noch ein weiteres Flugzeug abstürzt, damit so auch die Aktie entsprechend auf der Börse weiter fällt. Möchte man solch eine Einstellung langfristig haben? Sicher, wenn Unternehmen wirklich betrügen, wie das beispielsweise bei Wirecard der Fall war, dann ist man froh, wenn alles endlich ans Licht kommt. Solche Shorts sind aber eher selten.
Beispiel-Video: Auf fallende Kurse setzen in der Praxis
Wer nach alldem immer noch interessiert ist, wie man denn auf fallende Kurse in der Praxis setzen kann, dem möchte ich noch das nachfolgende Video ans Herz legen. Hier zeigt Kolja vom YouTube-Channel „Aktien mit Kopf“ mit Michael Flender, wie man 100 AMD Aktien shortet. Ein Leerverkauf PRAXIS-Beispiel. Wer zusätzlich davon noch ein paar Grundlagen zum Shortselling aufs Ohr haben möchte, den kann noch den Podcast mit beiden zum Thema empfehlen. Hier aber nun auch noch das Video mit dem Beispiel des Shortsellings:
In meinem Studium der Informationswirtschaft bin ich in zahlreichen Vorlesungen mit der Theorie der Finanzmärkte konfrontiert worden. Dieses Wissen und meine praktische Erfahrung rund um das Thema Finanzen möchte ich mit euch hier auf meinem Blog finanzeinstieg.de teilen.
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